Ausführliche Beschreibung des Projekts
Das Riesengebirge repräsentiert ein Gebiet, das in einem großen Teil seines Territoriums Anzeichen für eine Entwicklungsdiskontinuität aufweist, bzw. für einen Bruch im Kontakt zwischen der Gesellschaft und ihrer eigenen Geschichte. Nach dem Zweiten Weltkrieg vollzog sich im größten Teil des Riesengebirges ein großer Bevölkerungswandel, als die deutsche Volksgruppe, die bis 1945 in zwei Dritteln des Riesengebirges die Bevölkerungsmehrheit bildete, zwangsumgesiedelt wurde. Mit ihrem Weggang verschwanden nicht nur die Erinnerung an die Region, sondern weitgehend auch die physischen Dokumente. Die historische und kulturelle Identität des Riesengebirges ist einzigartig in der Tschechischen Republik. Sie wurde durch die natürliche Umgebung des Hochgebirges und mehrere Kolonisierungswellen geprägt, was zu einer mehrsprachigen Gemeinschaft führte. Das Bedürfnis, eine lokale Identität wiederzuentdecken, ist in den letzten Jahren sehr stark ausgeprägt, insbesondere bei der dritten Generation der Nachkriegssiedler, die das Riesengebirge bereits als ihre Heimat betrachten. Ein Hinderungsgrund ist in der Regel die mangelnde Kenntnis der deutschen Sprache und die Zersplitterung der Informationsquellen (sog. Corcontica), die örtlich, sprachlich, typologisch und institutionell isoliert sind und sich oft in privaten Sammlungen in der Tschechischen Republik oder im Ausland befinden. Manche Quellen sind zudem auf verschiedene Weise gefährdet. Dabei handelt es sich insbesondere um persönliche Zeugnisse von Zeitzeugen, private Archive und Sammlungen, die sich zudem in Deutschland größtenteils in privatem und staatlichem Besitz befinden. Diese Quellen werden (im Hinblick auf ihren Gefährdungsgrad) in erster Linie heuristisch erfasst. Eine weitere Quellengruppe, die besonderer Aufmerksamkeit bedarf, sind Fachzeitschriften, die von regionalen Gedächtnisinstitutionen in der Tschechischen Republik und in Deutschland herausgegeben werden, populärwissenschaftliche Zeitschriften, die von verschiedenen Interessengruppen herausgegeben werden, aber auch nichtwissenschaftliche Zeitschriften ( meist Regionalzeitschriften, Gemeinde- und Interessenblätter, Websites von Regionalenthusiasten usw.) mit oft fachlichem Inhalt, der für die regionalgeschichtliche Forschung unerlässlich ist. Diese Periodika sind oft selbst in ihrer physischen Form schwer zugänglich (bei nicht-wissenschaftlichen Periodika ist es oft nicht einmal Pflicht, Exemplare zu haben), ganz zu schweigen von der virtuellen Suche nach detaillierteren Informationen über ihre Bestandteile (Artikel, Kapitel, Anmerkungen, Editorial usw.) oder nach den Autoren der einzelnen Artikel.
Im Rahmen des Projekts Prameny Krkonoš (Quellen des Riesengebirges) definieren wir die Region wie folgt durch die Gerichtsbezirke ab 1949: Trutnov, Maršov, Žacléř, Hostinné, Vrchlabí, Jilemnice, Rokytnice nad Jizerou, Vysoké nad Jizerou.
Das vorliegende Projekt trägt aus der Perspektive von NAKI II zur Erfüllung des spezifischen Ziels 1.1: Forschung und ihre Anwendung - Geschichtswissenschaften und Archäologie bei, insbesondere durch die Verknüpfung von drei thematischen Schwerpunkten: d) Schaffung von Methoden zur Dokumentation und Präsentation der nationalen Erinnerungskultur; e) Schaffung von Instrumenten zur Unterstützung der Aufrechterhaltung und Entwicklung des historischen und kulturellen Bewusstseins der nationalen Identität; f) Erforschung der historischen Entwicklung und Kultur von Minderheiten auf dem historischen Gebiet und über die Grenzen des tschechischen (tschechoslowakischen) Staates hinaus sowie deren Zusammenhänge in einem europäischen Kontext.
Im Hinblick auf diese drei Prioritäten hat das Projekt drei grundlegende Ebenen:
- Durch eine öffentliche Fachdatenbank (analytische Metadatenbasis, Hauptergebnis Typ R und Sekundärergebnis Typ S) macht das Projekt Informationsquellen zur Geschichte und zum kulturellen Gedächtnis des Riesengebirges (sog. Corcontica) aus der Zeit der Tschechoslowakei (1918 - 1992) ohne Rücksicht auf ihre physische Verortung zugänglich und trägt damit zu einem spezifischen methodischen Zugang zur Regionalgeschichte in Bezug auf Informationsquellen unterschiedlicher Art bei. Sie erfasst auch den aktuellen Stand der Forschung zu einem bestimmten Zeitpunkt durch die thematische Präsentation von Sekundärquellen und ihre einzigartige Verbindung mit Primärquellen und schafft so eine systematische Grundlage für weitere Forschungen. Es verbindet die vom Institut für Geschichte der AV ČR erstellte bibliographische Datenbank mit der thematischen Datenbank Prameny Krkonoš (Quellen des Riesengebirges). Die Quellen werden einem breiten Spektrum von Nutzern, insbesondere Forschern (deren Arbeit durch die schwierige Verfügbarkeit des historischen und kulturellen Gedächtnisses der deutschsprachigen Bewohner des Riesengebirges und die diskontinuierliche Entwicklung des größten Teils des Riesengebirges kompliziert ist), mit Hilfe eines innovativen Softwaresystems für die Erfassung (Ergebnis R) und einer öffentlichen Fachdatenbank (Ergebnis S), deren Hauptvorteil in der Verknüpfung der Quellen, ihrer virtuellen Zentralisierung, der analytischen Beschreibung ( inkl. Annotation mit Betonung der regionalen Spezifika) und dem Hinweis auf ihren physischen Standort bzw. ihre Verfügbarkeit in digitaler Form liegt. Die Forscher werden auch durch eine spezialisierte interaktive Expertenkarte (der Hauptoutput von Nmap3) gefördert, die den Standort der Corcontica in Europa auf mehreren Ebenen anzeigt, sowohl in Bezug auf ihre Typologie, ihre Entstehungszeit als auch auf Teilthemen. Diese Projektebene ist primär auf die Erfüllung der Priorität 1.1.d ausgerichtet, d.h. die Schaffung von Methoden zur Dokumentation und Präsentation der Erinnerungskultur einer Nation durch die Outputs S und R, und sekundär auf die Erfüllung der Priorität 1.1.e, d.h. die Schaffung von Instrumenten zur Unterstützung der Erhaltung und Entwicklung des historischen und kulturellen Bewusstseins der nationalen Identität durch die Outputs R und Nmap3.
- Die nächste Ebene des Projekts ist die Analyse, Popularisierung und fachgerechte Präsentation der resultierenden Datenbank und ihrer Nutzungsmöglichkeiten. So ist eines der wichtigsten Outputs des Projekts die Ausstellung " Befestigte Landschaft: Menschen im östlichen Riesengebirge 1938" (der wichtigste Ekrit-Output), inklusive eines kritischen Katalogs. Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert, so dass sie nach dem Ende des Projekts auch anderen Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung, des Gedächtnis- und Regionalwesens angeboten werden kann. Die Ausstellung präsentiert eine breite Palette von Corcontica (Informationsquellen) über die Geschichte des Riesengebirges, ihre Typologie, ihren Zustand und ihre Aufbewahrung sowie die Möglichkeiten ihrer Verwendung in der wissenschaftlichen, pädagogischen und popularisierenden Tätigkeit. Die Corcontica (Informationsquellen) selbst werden nicht ausgestellt, sondern ihre digitalen Kopien. Diese Ebene des Projekts zielt in erster Linie auf die Erfüllung der Priorität 1.1.e, also auf die Schaffung von Instrumenten zur Unterstützung der Erhaltung und Entwicklung des historischen und kulturellen Bewusstseins der nationalen Identität mit Hilfe des Ekrit-Outputs.
- Die letzte Ebene des Projekts ist die Erfassung der Veränderungen des Riesengebirges im 20. Wie bereits erwähnt, ist das Riesengebirge eine spezifische Region mit einer sehr turbulenten demografischen und sozialen Entwicklung (die Exilierung eines Teils der tschechischen Bevölkerung während des Zweiten Weltkriegs, die anschließende Zwangsumsiedlung der deutschen Bevölkerung, Ansiedlungs- und Umsiedlungsaktionen), wirtschaftlich (vor allem im Zusammenhang mit den grundlegenden Veränderungen in der Wirtschaft des gesamten Landes), aber auch politisch und administrativ. Das Projekt präsentiert diese Veränderungen der breiten Öffentlichkeit, sowohl Fachleuten als auch Laien, in erster Linie durch zwei spezialisierte interaktive Fachkarten, die demographische, administrative und nationale Veränderungen ("Hauptoutput" Nmap1) sowie wirtschaftliche und verkehrsinfrastrukturelle Veränderungen ("Hauptoutput" Nmap2) darstellen. Diese Projektebene zielt in erster Linie auf die Erfüllung der thematischen Priorität 1.1.f ab, d.h. auf die Erforschung der historischen Entwicklung und der Kultur der Minderheiten auf dem historischen Gebiet und jenseits der Grenzen des tschechischen (tschechoslowakischen) Staates und ihres Zusammenhangs im europäischen Kontext, und zwar durch die Outputs Nmap1 und Nmap2.
Im Hinblick auf die sekundären Outputs sind alle drei oben genannten Ebenen des Projekts insbesondere mit dem Ergebnis S (öffentliche Fachdatenbank) sowie mit den sekundären Outputs M (Organisation einer interdisziplinären wissenschaftlichen Konferenz, die darauf ausgerichtet ist, die Prioritäten 1.1.e, d.h. die Schaffung von Instrumenten zur Unterstützung der Erhaltung und Entwicklung des historischen und kulturellen Bewusstseins der nationalen Identität; 1.1. f, also die Erforschung der historischen Entwicklung und der Kultur der Minderheiten auf dem historischen Gebiet und über die Grenzen des tschechischen (tschechoslowakischen) Staates hinaus sowie deren Zusammenhänge im europäischen Kontext, und 1.1.d, d.h. die Schaffung von Methoden zur Dokumentation und Präsentation der nationalen Gedächtniskultur) und B (Sammelmonographie über das Riesengebirge im 20. Jahrhundert, die auf die Erfüllung der Priorität 1.1.f abzielt, also auf die Erforschung der historischen Entwicklung und der Kultur der Minderheiten auf dem historischen Gebiet und jenseits der Grenzen des tschechischen (tschechoslowakischen) Staates und deren Zusammenhänge im europäischen Kontext).
Das Projekt trägt grundlegend zur Kenntnis der Geschichte des Riesengebirges in der tschechoslowakischen Zeit bei und eröffnet der Forschung neue Wege, indem es Informationen über eine Reihe von bisher zersplitterten und daher oft fast unauffindbaren Quellen zugänglich macht.